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„Mutig stellten sich auch vier Vertreter des Gemeinderats dem Protest der Bürger. Verschiedene Parteien und Stadträte stellten nun einen vorläufigen Erhalt des Seckenheimbades in Aussicht, bis gemeinsam mit den Nutzergruppen der Mannheimer Bäder eine Lösung gefunden wurde. Bild: Ahl/AMB.“
„Wir kämpfen gemeinsam für die Bäder!“ – Aktionsbündnis setzt mit Demo am Wasserturm klares Zeichen für den Wassersport
„Wer von euch hat den Beschluss, das Seckenheimbad zu schließen, mitzutragen?“, fragte Winfried Traub, Abteilungsleiter des Soprema Team SV Mannheim, in die Menge und nur die Hände der anwesenden Stadträte Bernd Kupfer, Richard Karl und Roland Weiß wanderten in die Höhe. Die drei Vertreter des Gemeinderates wagten sich, ebenso wie Grünen-Stadtrat Raymond Fojkar, mutig in die Mitte von rund 400 Schülern, Wassersportlern und Bürgern, die am vergangenen Freitag am Wasserturm für den Erhalt des Seckenheimbades und eine weiterhin flächendeckende, bedarfsorientierte und zweckmäßige Mannheimer Bäderlandschaft demonstrierten.
Der Gesamtelternbeirat der Stadt Mannheim hatte in Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis „Erhalt Mannheimer Bäder“ (AMB) zu der Kundgebung eingeladen. Elternbeiratsvorsitzender Matthias Mackert, gleichzeitig einer der vier Sprecher im AMB, war mit dem bunten Einvernehmen der lautstark Protestierenden sehr zufrieden. „Mannheims Wassersportfreunde sitzen in einem Boot und arbeiten gemeinsam für den Bädererhalt. Ein deutlicheres Zeichen an den Gemeinderat und die Verwaltung kann es nicht geben!“
„Der Wassersport kommt zu Kurz!“ und „Mannheimer schwimmen nicht – sie ertrinken in Kultur!“ verkündeten einige der Spruchbänder der vor allem zahlreich anwesenden Kinder und Jugendlichen. Sie sind, auch in den Vereinen, die Hauptnutzer der Mannheimer Bäder. „67 Schulen, davon alleine 16 im Hallenbad Seckenheim, wären von einer Schließung des Standortes betroffen“, erläuterte Mackert, dass die Schüler künftig quer durch die Stadt gefahren werden müssten, wenn der eigentlich im Ausbau befindliche Schwimmunterricht nicht mehr standortnah durchgeführt werden könne. „Die Fahrtkosten werden steigen. Ein Einsparpotential ist faktisch nicht gegeben“, so der Elternvertreter.
Torsten Ahl, Pressesprecher des AMB und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Bezirk Mannheim e.V., erläuterte Medienvertretern gegenüber die aktuell dramatische Situation für die drei großen Nutzergruppen, Schüler, Bevölkerung und Vereine. „Wenn das Hallenbad Seckenheim schließt, verlieren wir faktisch zwei Bäder“, befürchten die Wassersportler mit Blick auf das auf Erholung und Freizeit hin ausgerichtete, kurz vor der Wiedereröffnung stehende Hallenbad Neckarau. Durch den schlechten Zustande aller Mannheimer Bäder und den schon seit Jahren durch Ausfälle und Akutsanierungen herrschenden Notbetrieb, wäre nun die Zeit gekommen, die Vereine hinsichtlich Mitgliederzahlen und Angebot gesunden zu lassen, mahnte Ahl davor, die Schulen und Vereine weiter zu beschränken. „Alle betroffenen Wassersportorganisationen mussten durch die Noterhaltungsmaßnahmen in den Mannheimer Bädern empfindliche Mitgliederrückgänge hinnehmen“, verwies er darauf, dass bestimmte Altersklassen in den betroffenen Stadtteilen nun einfach nicht schwimmen gelernt hätten. „Jederzeit droht uns aber durch die maroden Schwimmeinrichtungen der Totalkollaps!“, warnte der Sprecher davor, eine umfangreiche Sanierung aller Bäder zu unterlassen.
Gunter U. Heinrich, Vorsitzender des Bürgervereins Vogelstang, forderte die Demonstranten auf, sich nicht vertrösten zu lassen. „Unser bisheriges Ringen um das Hallenbad Vogelstang ist nun zu einem gemeinsamen Kampf mit Ihnen um alle Schwimmeinrichtungen geworden! Wir kämpfen gemeinsam weiter für alle Bäder!“, bot der Bürgervertreter den Schülern, Vereinsaktiven und Wassersportfreunden unter großem Jubel der Menge seine Unterstützung an. „Man muss den Schneid haben zuzugeben, wenn man sich geirrt hat“, richtete Heinrich seinen Appell in Richtung Rathaus und Gemeinderat.
Die anwesenden Parteivertreter signalisierten, solch ein Umdenken einzuleiten. Denkbar wäre demnach eine vorübergehende Aussetzung des Gemeinderatsbeschlusses, um in dieser Frist eine Überarbeitung der Bäderkonzeption gemeinsam mit den Nutzergruppen vorzunehmen und auf Basis der Ergebnisse Änderungen umzusetzen. Dabei solle ein Eingriff in die Bäderlandschaft erst dann erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass die Nutzergruppen keine Einschnitte erleiden müssen und ihr Angebot gegebenenfalls sogar ausweiten können.
Traub lud indes die Stadträte und ihre Kollegen zu einer Teilnahme am Training der verschiedenen Vereine ein. Sie sollen sich vor Ort über das große Engagement der zahlreichen Vereinsaktiven informieren, die in der vermeintlichen Abgeschiedenheit der Bäder bisher offenbar übersehen worden waren, so Traub. Damit spielte der Triathlet auf die 48.000 jährlichen Nutzer des Seckenheimer Hallenbades an, die durch den Gemeinderatsbeschluss im Rahmen des Haushaltsstrukturprogramms vor die Tür gesetzt werden sollten. Laut AMB drohe der Zusammenbruch des Schul- und Vereinsschwimmens und der Verlust der gesundheitserhaltenden Schwimmmöglichkeiten im Rahmen der öffentlichen Schwimmzeiten.
Als unerschütterliches Wahrzeichen bot der Wasserturm den Wassernixen und Neptunsjüngern die maßgeschneiderte Kulisse, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Der kommunale Ordnungsdienst, der in Sorge um Mannheims Wahrzeichen zunächst mit starken Kräften angerückt war, konnte sich schnell davon überzeugen, dass sich die Wassersportler und ihre Unterstützer allesamt gesittet verhielten und das verlockende Ausweichschwimmbecken des Wasserturmbrunnes mieden.
TA