Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar – Jahresbericht der Psychologischen Beratungsstellen vorgestellt.
Wie hat sich die Nachfrage nach Erziehungsberatung in den letzten zehn Jahren entwickelt? Welche Familien wenden sich an die Mannheimer Erziehungsberatungsstellen und mit welchen Problemen? Diese und andere Fragen beantwortet der Jahresbericht 2009 der Psychologischen Beratungsstellen, der im Rahmen einer Pressekonferenz am 16. Juli vorgestellt wurde.
Die Nachfrage nach Erziehungs- und Familienberatung in Mannheim bleibt ungebrochen hoch. Insgesamt verzeichnet der gemeinsame Bericht der Beratungsstellen von Kommune, Caritasverband und Evangelischer Kirche für das Jahr 2009 2.418 Beratungen, gegenüber 2.442 Anfragen im Jahr 2008. „Pro Gespräch erreichen wir drei bis vier Personen, weil wir oft die gesamte Familie einladen“, erklärte Bereichsleiter Dr. Andreas Hundsalz, dass die tatsächliche Zahl erreichter Personen um ein vielfaches höher liegt. Hinzu kommen 103 Internetberatungen. Insgesamt nehmen 2,4 Prozent der Kinder in Mannheim das Beratungsangebot in Anspruch.
„Der Hintergrund der hohen Fallzahlen ist in dem Erziehungsstress der Eltern zu sehen“, erklärte Hundsalz. Schließlich wollen Eltern ihren Kindern von Anfang an eine optimale Bildung und damit optimale Möglichkeiten mit auf den Weg geben. Dabei sei häufig Zeit der entscheidende Faktor. Wenn dazu auch noch persönliche Probleme sozialer oder wirtschaftlicher Art kommen, sind viele Eltern schnell überfordert. „Die Beratungsgespräche dauern eine gute Stunde und nicht selten kommt als Feedback von den Eltern das Signal: Gut, dass jemand für uns Zeit hat“, sagte Hundsalz.
Das Gros der Beratungssuchenden in Mannheim vereint Trennungsproblematik und wirtschaftliche Probleme mit mehreren Kindern. „Das sind die Familien, die zu uns kommen”, sagten Hundsalz und die Vertreter des Caritasverbandes, Malwine Frey, und der Evangelischen Kirche, Bodo Reuser. In der kommunalen Beratungsstelle Mitte, die von Gabriele Schneider geleitet wird, ist außerdem der Anteil der Familien mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent. „Das liegt daran, dass wir seit einigen Jahren auch Muttersprachliche Beratungsangebote haben“, erklärte sie.
Seit Beginn des gemeinsamen Jahresberichts sind die Fallzahlen kontinuierlich angestiegen. Und die Alterskurve setze immer früher an. „Oft wenden sich Eltern schon im frühsten Kindesalter an uns, weil ihnen mittlerweile klar ist, wie wichtig gerade das frühe Alter für die Kindesentwicklung ist“, weiß Hundsalz. Viele Jungs werden außerdem im Alter zwischen sechs und acht Jahren, also zur Einschulung, verhaltensauffällig. Mädchen werden hingegen etwas später auffällig. Insgesamt am häufigsten wenden sich Eltern an die Beratungsstelle, wenn die Sprösslinge in der Kindertagesstätte oder in der Grundschule sind. Die drittgrößte Gruppe bilden, nur auf den ersten Blick überraschend, Gymnasiasten.
Deutlich werde mit dem vorgelegten Jahresbericht vor allem eines: „Wir sind an der Grenze der personellen Kapazität“, sagte Dr. Hundsalz. Und auch: „Wenn wir mehr Personal hätten, dann wären die Fallzahlen noch einmal deutlich höher.“